Die historische Homosexualitätenforschung hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten stark gewandelt. So gewannen nicht nur die Themen sowie die theoretischen und methodischen Perspektivierungen an Komplexität, auch der gesellschaftliche Kontext, in dem diese Forschung betrieben wurde und wird, hat sich verändert: Enthielten vor 20 Jahren manche europäische Strafrechtskodifikationen noch diskriminierende Regelungen, sind gleichgeschlechtliche Paare heute in einzelnen Ländern sogar im Eherecht gleichgestellt.
Vor dem Hintergrund sich zunehmend diversifizierender Sexualitätskonzepte und gesellschaftlicher Transformationsprozesse geben die Beiträge des vorliegenden Bandes vielfältige Antworten auf die Frage, ob es sich bei Homosexualität noch um „eine nützliche Kategorie der historischen Analyse“ handelt. In der Beschäftigung mit heteronormativen Strukturen, der Verhandlung von Identitäten und den Handlungsräumen historischer Akteur*innen zeigen sie eindrücklich die Breite theoretisch komplexer wie empirisch fundierter Forschung in diesem Feld und fragen nicht zuletzt nach den Implikationen solcher Analysen für die Geschichtswissenschaft insgesamt.