Der Sammelband beschäftigt sich aus verschiedensten Positionen heraus mit der transgenerationalen Weitergabe von Traumata und den Langzeitwirkungen der NS-Zeit.
Für die Vertriebenen und Überlebenden der Shoah war die Geburt ihrer Kinder ein zentrales Ereignis im Nachkriegsleben. Neben den umfassenden elterlichen Aufträgen und Erwartungen stellen sich für die nachfolgenden Generationen die Fragen der transgenerationalen Weitergabe von Traumata sowie der seelischen Langzeitwirkungen der NS-Zeit.
Der interdisziplinär konzipierte Sammelband nähert sich der Problematik der Nachkommen sowohl von Opfer- als auch vonTäter- und Mitläuferseite, wobei auf einen unzulässigen direkten Vergleich zwischen beiden Seiten verzichtet wird. Formen der Auseinandersetzung und Reflexion, Strategien der Verarbeitung bzw. Verdrängungsphänomene werden nicht nur auf gesellschaftlicher, sondern auch auf sehr persönlicher und individueller Ebene diskutiert. Der Tagungsband vereint aktuelle Forschungsergebnisse aus historischen, psychologischen, künstlerischen und literarischen Perspektiven, die während der Sommerakademie des Instituts für jüdische Geschichte Österreichs 2013 präsentiert wurden.
Inhalt:
Philipp Mettauer: Vorwort und persönlicher Zugang
Philipp Mettauer: Entwurzelt? Erzwungene Emigration im Familiengedächtnis
Lenka Šindelářová: Meine persönliche erste Generation
Philipp Mettauer: Deportationen und Konzentrationslager im Familiengedächtnis
Nina Flurina Caprez: Leben „dank“ der Shoah. Spuren der Verfolgung bei einer Überlebenden und ihrer Enkelin
Marianne Windsperger: Generation 3.0: Narrative der dritten Generation. Eine Bestandsaufnahme
Nicole L. Immler: Gefühltes (Un-)Recht im Familiengedächtnis. Zum Aspekt der „Generation“ in der Entschädigungspolitik
Christian Klösch: Nationalsozialismus im Familiengedächtnis. Beispiele aus Familien von Vertriebenen, Kriegsgefangenen und Wehrmachtssoldaten
Jürgen Müller-Hohagen: Seelische Auswirkungen der NS-Zeit bei Nachkommen von Tätern und Mitläufern
Margit Reiter: Die Shoah im Familiengedächtnis. Transgenerationelle Tradierung von Antisemitismus auf die „Kinder der Täter“
Iris Wachsmuth: Der Dialog über die Shoah in Familien von Täter(inne)n und Mitläufer(inne)n
Jo Schmeiser: „Oma war ein Nazi“– Wie (an)erkennen Frauen die NS-Verstrickungen ihrer Großmütter?
Kurt Grünberg/Friedrich Markert: Todesmarsch und Grabeswanderung – Szenisches Erinnern der Shoah. Ein Beitrag zur transgenerationalen Tradierung extremen Traumas in Deutschland
Julia Demmer: Das Familiengedächtnis im öffentlichen Austausch. Intergenerationale Kommunikationsprozesse bei Zeitzeug(inn)engesprächen
Daniel Wutti: Retraumatisierung und Reinszenierung. Kärntner SlowenInnen im und nach dem Nationalsozialismus