Franz Biet richtet seinen Blick auf Goethes Farbenlehre, Morphologie und Physiognomie. Sind Goethes „wissenschaftliche“ Denkweise heute noch „modern“?
Goethes „vernünftige“ Esoterik betrifft vor allem seine Vorstellung von Natur und Dichtung. Ausgangspunkt der Arbeit ist daher die Frage nach der Natur als Lebens- und Forschungsinhalt Goethes. Damit verbindet sich die methodische Frage nach seiner Vorstellung von Wissenschaftlichkeit. Die Untersuchungen ergeben, dass Goethes Denken ganzheitlich ist und Dichtung sowie „wissenschaftliches“ Arbeiten in gleicher Weise behandelt. Der Blick ist auf seine Farbenlehre, Morphologie und Physiognomie gerichtet sowie auf seine poetischen Werke, insbesondere „Wilhelm Meister“ und „Faust“. Für die Menschen des 20. und 21. Jahrhunderts steht die Frage im Raum: Sind Goethes „wissenschaftliche“ Denkweise, seine naturwissenschaftlichen Schriften und Dichtungen heute noch „modern“, entsprechen sie dem Mainstream? Die Antwort ist eindeutig: Dem gängigen materialistischen Weltbild folgen weder Goethes Vorstellungen von Wissenschaft noch Dichtung. Jedoch bekennen bedeutende Naturwissenschaftler unserer Zeit, wie Werner Heisenberg und Friedrich von Weizsäcker, dass eine Verwandtschaft im Denken zwischen ihnen und Goethe besteht. Letztlich aber verrät das Unbehagen an der gegenwärtigen Kultur, dass Goethes „aufgeklärt-esoterische“, d. h. dem Transzendenten zugewandte Denkweise heute wieder zum Bedürfnis geistig aufgeschlossener Menschen wird.