Eine umfassende Analyse der Verfahrenspraxis des Wiener Reichshofrates in Hinblick auf jüdische Prozessbeteiligte im 18. Jahrhundert mit exemplarisch herausgearbeiteten Fällen der jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main während der Regierungszeit Josephs II.
Der Wiener Reichshofrat fungierte über beinahe 300 Jahre hinweg nicht nur als kaiserliche Regierungsbehörde, sondern auch als eines der wichtigsten Höchstgerichte im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation.
Gleichwohl steht die Erforschung der Rechtspraxis und der Verfahrensweisen dieser zentralen Institution bislang noch ganz am Beginn. Wie es sozialen Minderheiten am Reichshofrat gelingen konnte, Recht und Autonomie für sich zu erkämpfen, zeigt dieses Buch am Beispiel der Frankfurter jüdischen Gemeinde. Deren Gemeindeprozesse während der Regierungszeit Josephs II. (1765–1790) ermöglichen neue Einblicke in die Mechanismen und Formen, die den Umgang des Reichsoberhauptes mit der jüdischen Minderheit des Reiches bestimmten. Diese fielen nämlich rechtlich nicht unter die berühmten Toleranzedikte des Kaisers für dessen Erblande. Anhand ausgewählter Fälle werden sowohl die Verfahrenspraxis des Reichshofrates als auch die Argumentations- und Wahrnehmungsmuster von jüdischen wie nichtjüdischen Prozessbeteiligten am Ende des 18. Jahrhunderts untersucht. Genuin innerjüdische Problemstellungen fanden dabei ebenso ihren Weg von Frankfurt ins ferne Wien wie Differenzen im jüdisch-christlichen Zusammenleben. Damit eröffnet sich zugleich ein Blick auf die faszinierenden Lebenswelten des frühneuzeitlichen Frankfurter jüdischen Ghettos mit seinen Akteuren, Gebräuchen und alltäglichen Geschichten an der Schwelle zur Moderne.