Die Gestalt Moses hat Sigmund Freud über Jahrzehnte beschäftigt. An ihr entwickelte und reflektierte er zentrale Konzepte seiner Wissenschaft und sie wurde ihm zu einer Verdichtung intellektueller, kultureller und historischer Entwicklung. Im Jahr 1939 erschien in Holland Sigmund Freuds großes Alterswerk „Der Mann Moses und die Monotheistische Religion: Drei Abhandlungen“. Diese vielschichtige Arbeit ist in vieler Hinsicht ungewöhnlich und bemerkenswert, zumal sie tradierte Vorstellungen gedankenreich und gegenüber den zeitgenössischen wissenschaftlichen und ideologischen Strömungen gänzlich unkonform problematisierte. Sigmund Freuds „Mann Moses“ ist nicht nur die umfangreichste, sondern auch die bedeutendste psychoanalytische Arbeit über Religion und Judentum; darüber hinaus handelt es sich um eine gleichermaßen geniale wie originelle Arbeit der Geschichtspsychologie, der Gesetzesgenese und der Religionsstiftung als Elemente zivilisatorischer „Vergeistigung“.
„Der Mann Moses“ verlangt nach einer interdisziplinären Auseinandersetzung, zu welcher er durch die Vielfalt der angesprochenen Fragenkomplexe in hervorragender Weise geeignet ist. Der vorliegende Band versammelt erstmals Beiträge von Wissenschafterinnen und Wissenschaftern unterschiedlicher für das Werk relevanter Disziplinen, die dessen historische Bezüge, intellektuelle Traditionen und Verflechtungen reflektieren, um die wissens- und denkhistorische Bedeutung angemessen auszuloten.
Die Herausgeberin:
Eveline List, Dr., ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte der Universität Wien, Psychoanalytikerin und Lehranalytikerin (WAP/IPA).