Autobiographisches Schreiben wird im Alltagsverständnis gemeinhin als allgemein menschliche, ja natürliche Tätigkeit verstanden und bleibt solcherart weitgehend unhinterfragt. Tatsächlich ist autobiographisches Schreiben und insbesondere die Autobiographie als literarische Gattung aber eine kulturelle Praxis, die erst in der frühen Neuzeit jene Gestalt annahm, die uns heutzutage so selbstverständlich ist und eine solche Verbreitung fand, dass sie nun den Schein des Naturhaften trägt. Auf einer gattungshistorischen Ebene und mit Bezug auf Michel Foucaults Arbeiten stellt die Autorin die komplexe Geschichte dieser kulturellen Praxis im 18. Jahrhundert dar und unterzieht einen der Klassiker des Genres – Jean Jacques Rousseaus „Confessions“ – einer Re-Lektüre. In gattungstheoretischer Hinsicht bietet das Buch eine Einführung und kritische Auseinandersetzung mit den wesentlichen Prämissen der traditionellen Autobiographie-Forschung, wobei diese Auseinandersetzung vor dem Hintergrund poststrukturalistisch-feministischer Theorien erfolgt. Eben jene Theorien ermöglichen eine sinnvolle Neuformulierung der autobiographischen Kategorien Subjekt und Repräsentation, und insbesondere Judith Butlers Konzept der Performativität erweist sich in diesem Zusammenhang als produktiv. Dabei ist die Autorin nicht nur darum bemüht, neue Einblicke in die Autobiographie als Gattung zu gewähren, sondern bietet im ausführlichen praktischen Teil auch neue Erkenntnisse zu den autobiographischen Schriften Jean-Jacques Rousseaus.
Die Autorin
Fabienne Imlinger studierte an der Universität Innsbruck Vergleichende Literaturwissenschaft mit dem Schwerpunkt Gender Studies. Nach Studienabschluss war sie für ein Jahr Marie Curie PhD Fellow des Cornelia Goethe Zentrums, Frankfurt/Main. Derzeit arbeitet sie als Doktorandin am Zentrum für Sprach- und Literaturwissenschaft
der LMU München.