Veit Harlan zählte zu den wichtigsten Regisseuren des Nationalsozialismus, insbesondere mit seinem antisemitischen Propagandafilm „Jud Süss“. Nach dem Krieg musste sich Harlan wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor Gericht verantworten, wurde jedoch aus Mangel an Beweisen 1950 freigesprochen und konnte seine Regietätigkeit fortsetzen.
Ende der 50er-Jahre drehte Harlan den Film „Das Dritte Geschlecht“, welcher in der BRD unter dem Titel „Anders als du und ich“ lief, ein äusserst umstrittener Streifen über die „Bekehrung“ eines homosexuellen Jugendlichen.
Die antisemitischen bzw. homophoben Argumente in beiden Filmen ähneln einander im Vorwurf des Agierens in weltumspannenden Netzwerken sowie in der Destabilisierung der Geschlechterpolarität. Daraus leitet sich das zentrale Bild des „Grenzverwischers“ ab: Über dieses Kollektivsymbol lassen sich nicht nur Antisemitismus und Homophobie, sondern grundsätzlich diskriminierende Diskurse verschränken.
Anhand von unveröffentlichtem Archivmaterial rekonstruiert die Autorin in einer dichten und anregenden Analyse die Auseinandersetzungen um die beiden Filme und untersucht mit dem Rückgriff auf das Bild des „Grenzverwischers“ die kulturelle Produktion von Ausgrenzung und Diskriminierung.
Mit dem Agpro-Förderpreis 2010 prämiert!
Die Autorin:
Francesca Falk, Studium der Geschichte und der Politischen Theorie in Basel, Freiburg im Breisgau, Genf und Zürich. 2007 als visiting scholar an der UC Berkeley. Dissertationsstipendium im Rahmen des nationalen Forschungsschwerpunktes eikones/Bildkritik. Titel des laufenden Promotionsprojektes: „Grenzkontingenz & die Tendenz zur Grenztransparenz“.