Die Wege von Österreich und Deutschland verliefen nach dem Zweiten Weltkrieg über weite Strecken sehr unterschiedlich. Während Deutschland geteilt und in die jeweiligen militärischen und wirtschaftlichen Blocksysteme eingebunden wurde, konnte Österreich mit einer Politik der Neutralität seine Einheit wahren und unabhängig werden. Während die Bundesrepublik 1952 die Montanunion und 1958 die EWG mitbegründete, beteiligte sich Österreich 1960 beim Aufbau der EFTA und profilierte sich im Europarat. Erst 1995 fanden die Nachbarn im Zuge des österreichischen Beitritts in der Europäischen Union zusammen.
Beginnend mit einem Rückblick auf die Zeit von 1815 bis 1938/45 reflektiert dieser Band die verschiedenen Beziehungs- bzw. Vergleichsebenen hinsichtlich der Besatzungs-, Entnazifizierungs-, Außen- und Sicherheitspolitik sowie des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels. Die Parteienlandschaften sind ebenso Thema wie der Föderalismus, die Auseinandersetzung mit der Vergangenheit oder der Umgang mit dem Auftrag der Geschichte (Entschädigung, Restitution, Heimatvertriebene). Behandelt werden aber auch „heiße Eisen“ im bilateralen Verhältnis jüngeren Datums (Österreichs Reaktionen auf die deutsche Einheit 1989/90, der EU 14-Regierungsboykott gegen Österreich 2000) und nicht zuletzt die Herausforderungen und Zukunftsaufgaben in der Union („EU-Osterweiterung“ und Schengen). Dieses inhaltlich breit und systematisch angelegte Sammelwerk stellt die komparatistische Betrachtung Österreichs und der Bundesrepublik Deutschland auf eine neue Forschungsbasis.
Zu Herausgeberin und Herausgeber:
Ingrid Böhler ist Assistentin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Innsbruck. Michael Gehler ist Professor für Neuere und Neueste Deutsche und Europäische Geschichte, Jean-Monnet Chair und Direktor des Instituts für Geschichte an der Stiftung Universität Hildesheim.