„Sophokles, Shakespeare und Tolstoi im Krankenhaus“ beschreibt die Resultate von Gesprächen einer Gruppe von sechs Krankenpflegerinnen, die über mehrere Jahre hinweg drei literarische Texte – „Antigone“ (Sophokles), „Der Tod des Iwan Iljitsch“ (Tolstoi) und „King Lear“ (Shakespeare) – lasen und gemeinsam diskutierten.
Eine zentrale Frage dabei war die nach dem Zweck von literarischen Texten in bestimmten Lektüresituationen – eine Frage, die zwar immer wieder erhoben wird, deren Konsequenzen allerdings viele Literaturwissenschaftler/innen abzuschrecken scheinen: Erfordert sie doch den Gang in die Empirie. Das zweite erkenntnisleitende Interesse ging nicht von den Texten aus, sondern von den impliziten, schwer formulierbaren und selten formulierten Alltagserfahrungen (und auch Berufserfahrungen) von Leser/inne/n. Dabei rückte die Frage ins Zentrum, ob die Sprache der Literatur Worte für das meist unformuliert bleibende berufliche Erfahrungswissen ganz konkreter Leser/innen gleichsam zur Verfügung stellen könne. Kann ästhetische Erfahrung, die durch literarische Texte ausgelöst wird, ein Spiegel oder ein Sprachrohr werden für das implizite Berufswissen von Krankenpflegerinnen?
Martin Sexl, Komparatist und Germanist, arbeitet als Dozent für Vergleichende
Literaturwissenschaft an der Universität Innsbruck und unterrichtet
Kulturgeschichte im „Lehrgang für Entwurf und Gestaltung“ in Laas (Südtirol).
Zu seinen Schwerpunkten zählen Kulturgeschichte, Literaturtheorie sowie
empirische und angewandte Literaturwissenschaft.