Die Toleranzpolitik von Kaiser Joseph II. bildet auch für die Steiermark den Auftakt modernen jüdischen Lebens. An der Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert wurden jene restriktiven Gesetze geändert, die es Jüdinnen und Juden seit dem späten Mittelalter unmöglich machten, sich in der Steiermark nieder zu lassen. Zunächst waren es einzelne jüdische Händler aus den benachbarten Gebieten des westlichen Ungarn, die in der Steiermark und im Besonderen der Landeshauptstadt Graz die ersten Schritte jüdischen Lebens unternahmen. Sie waren es auch, die motiviert durch die Ereignisse von 1848, mit dem Aufbau einer jüdischen Gemeinde in Graz begannen und somit am Anfang der modernen steirisch-jüdischen Beziehungsgeschichte stehen.
„Fremd in der eigenen Stadt. Die moderne jüdische Gemeinde von Graz vor dem Ersten Weltkrieg“ stellt die Geschichte jüdischen Lebens von der Wiederansiedlung bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges dar. Dabei werden neben den allgemein politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und Veränderungen vor allem die einzelnen Entwicklungsschritte der jüdischen Gemeinde wie auch die Lebensmöglichkeiten der jüdischen Bevölkerung in den Blick genommen. Der Auf- und Ausbau der religiösen und rituellen Infrastruktur, die verschiedenen jüdischen Vereine und die Darstellung einzelner jüdischer Persönlichkeiten geben Einblick in beinahe 100 Jahre jüdischen Lebens in Graz.
Der Autor:
Gerald Lamprecht, Dr., Geschäftsführender Leiter des Centrums für Jüdische Studien der Karl-Franzens-Universität Graz. Im Studienverlag erschienen: Feldpost und Kriegserlebnis. Briefe als historisch-biographische Quelle, 2001; Jüdisches Leben in der Steiermark. Marginalisierung – Auslöschung – Annäherung, 2004 (als Hrsg.).