Mythologisch getönte Vorstellungswelten greifen zunehmend in Kultur und Politik Platz. Gott und Religion werden verstärkt in Verfassungsdokumente hineinreklamiert; sowohl von einzelnen Nationalstaaten als auch in der Weltpolitik wird fortschreitend in den manichäischen Denkmustern von Gut und Böse, Schwarz und Weiß geplant und gehandelt. In Europa schürt man die latent stets vorhandene Fremdenfeindlichkeit, um sich unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die organisierte Kriminalität und den Drogenhandel möglichst weitgehend nach außen abzuschließen. Die USA als mächtigste Nation der Erde rechtfertigen mit ihrem Sendungsbewusstsein, das auf der unerschütterlichen Gewissheit ihrer „moralischen Überlegenheit“ beruht, jede Willkür und jede Gewaltanwendung in ihrem Kampf gegen den Terror. Die massenwirksamen Medien Film und Fernsehen stimmen mit aufwändig inszenierten mythengetränkten Produktionen wie „Krieg der Sterne“ oder „Herr der Ringe“ die Menschen auf diese Denkmuster ein.
Wie hier gezeigt wird, erinnert die gegenwärtige kulturelle und politische Konstellation in vielerlei Hinsicht an die Jahre des Fin de siècle mit ihren Heldenmythen und Bedrohungsszenarien. In welche Katastrophen diese Konfiguration geführt hat, ist ja bekannt. Stehen wir wieder vor einer ähnlichen Entwicklung? Der Gegenwartsbezug der historischen Analysen in diesem Buch ist allerorts spürbar.