Das journal für begabtenförderung – für eine begabungsfreundliche Lernkultur richtet sich insbesondere an Eltern und Erziehungsberechtigte und an Lehrende in allen Bildungseinrichtungen. Es geht dabei um Fragen des Umgangs mit Kindern und Jugendlichen, deren Interessen und besondere Begabungen wahrgenommen werden. In den Beiträgen des Journals werden die damit zusammenhängenden Anliegen von Eltern und LehrerInnen praxisnah behandelt. Ein Augenmerk richtet sich auch auf Information und Beratung bezüglich der Situation begabter Kinder und Jugendlicher und ihrer sozialen Integration in Spiel- und Lerngemeinschaften.
Die AutorInnen dieser ersten Nummer möchten mit ihren Beiträgen eine Diskussion eröffnen. Jeder Artikel will einen Impuls „Zum Beginn …“ der Auseinandersetzung bieten: Mit dem Thema ,Begabungsforschung‘ ist ein Bereich von Grundsatzfragen und von konkret vorstellbaren Innovationen im Bildungsbereich angesprochen. Das ,Journal für Begabtenförderung‘ setzt neue Akzente – Zuspruch und Entgegnung sind erwünscht.
Franz Mönks, der bereits im Jahre 1963 einen vielbeachteten Artikel zum Thema „Beiträge zur Begabtenforschung im Kindes- und Jugendalter“ (Archiv für die gesamte Psychologie, 1963, 115, 362-382) veröffentlichte, geht in seinem Artikel auf geschichtliche Aspekte der Begabungsforschung ein. Die Terman Studie wird dargestellt als die längste empirische Studie, sowie die heutige Mehr-Faktoren-Auffassung der Hochbegabung. Weiterhin bespricht er Möglichkeiten der Identifikation und didaktisch-pädagogischen Betreuung von begabten SchülerInnen.
Friedrich Oswald will aus seiner Kenntnis der internationalen Begabungsforschung und aus seiner schulpraktischen Erfahrung heraus bewusst machen, dass es bei der Begabtenförderung nicht nur um kognitive Belange gehen kann; ihm ist die soziale Bildung und Persönlichkeitsentwicklung der begabten Kinder und Jugendlichen ein Anliegen. Die Innovationen im Schulwesen möchte er gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern durchführen, weil er weiß, dass es hervorragende pädagogische Talente im Bildungsbereich gibt. Seine Ausführungen beschäftigen sich mit Dimension der Begabungs- und Begabtenförderung, mit Modellentwicklung im Schulwesen und mit Ansätzen zu pädagogischer Forschung durch die LehrerInnen selbst.
Am 7. März 2001 wurde Prof. Dr. Franz Emanuel Weinert durch eine kurze schwere Krankheit mitten aus ein Leben voller Schaffenskraft genommen. Wir verlieren in ihm einen originellen und produktiven Denker. Er war ein Pionier der Begabungsforschung und der Begabtenförderung, von dem wir noch viel Zugewinn für unser Gebiet bekommen hätten. Er zeigt in seinem Artikel – einer überarbeiteten Kurzfassung des Referates beim Kongress 2000 in Salzburg -, dass es die Hochbegabung schlechthin nicht gibt, dass es verschiedene Arten der Begabung gibt, die mit entwicklungs- und persönlichkeitsspezifischen Faktoren zusammenhängen. Es ging ihm vor allem darum aufzuzeigen, dass Leistungsexzellenz sich nicht von alleine einstellt, auch wenn die Begabung noch so hoch ist. Ohne intensives Lernen sind Spitzenleistungen nicht zu erbringen.
Jo‰lle Huser regt im Zusammenhang mit ihrer umfassenden Erfahrung als Leiterin von Fortbildungsseminaren „erste Schritte“ für die Praxis an. Der kommunikative Aspekt – das Sprechen über die Begabungen und der Austausch über eigene Fähigkeiten im Team – nimmt dabei Bezug auf den Grundnenner der Förderung bzw. des förderlichen Verhaltens: auf die soziale Intelligenz.
Brigitte Heink, Leiterin der Wilhelm-Ostwald-Schule in Leipzig, einer Schule mit besonderer Förderung naturwissenschaftlicher Interessen, berichtet in ihrem Beitrag über die Entwicklung von begabungsfördernden Institutionen in der Stadt Leipzig. Die Zusammenhänge zwischen Bildungsintention und gesellschaftlicher Situation werden dabei deutlich.
Die beiden (anonymisierten) Fallbeispiele stammen aus der Beratungspraxis der Begabtenförderung des ,Zentrums für Begabungsforschung‘ an der Universität Nijmegen (Niederlande). Franz Mönks, der seit der Gründung dieses Zentrum leitet, ist er verbunden geblieben mit der praktischen Arbeit. Lange Gespräche mit Eltern, Schulen und Jugendlichen sind oft erforderlich, um die geeignete Öffnung für ,Bildung nach Maß‘ zu finden. Denn jede begabte Person ist ein Einzelfall und kann ihr nur dann geholfen werden, wenn ein Weg gefunden wird, der anschließt bei den Entwicklungs- und Lernbedürfnissen dieses bestimmten Kindes. Beide Fälle sind trotz ihrer Einmaligkeit beispielhaft. Sie verdeutlichen, wie eng erzieherische Verantwortung von Schule und Elternhaus verknüpft sind. Die Fragen im Anschluss an die Fallbeispiele, sollen vor allem LehrerInnen und Eltern helfen, die erforderlichen Lösungswege in Form von Maßnahmen herauszuarbeiten.
Im journal für begabtenförderung werden regelmäßig Anmerkungen zu Schlüsselbegriffen erscheinen. Es geht dabei um Assoziationen zu Begriffsverständnissen, die in der Absicht vorgestellt werden, das Denken in vielfältigen Bezügen zu ermöglichen bzw. anzuregen. In diesem aktuellen Heft, stellen wir die Begriffe „Kreativität“ und „Begabung“ vor.
(aus dem Editorial)