Die angeborene, kindliche Zeichenlust versiegt nicht mit dem Ende der Kindheit.
Die Lust Spuren zu produzieren, kann sich in ihrem Drang nur entfalten, wenn die Spuren des Kindes von Anfang an möglichst unberührt ihren Ausdruck finden dürfen. Als Gegenwelt zum gängigen Kunstunterricht der Schule, zu belehrenden pädagogischen Haltungen und zu psychologischen Interpretationen entstand in den 50er Jahren in Paris der clos-lieu, ein Raum, in dem nur von innen heraus Spuren produziert werden, die auch nicht als Kunstschöpfungen zu betrachten sind. Arno Stern erforschte die Gesetzmäßigkeiten dieses freien Malens und er stellte ein allgemeines, unabhängiges Zeichensystem fest. Die Ergebnisse seiner Forschungsreisen bei von westlicher Zivilisation unberührten Kulturen untermauern Sterns Thesen.
Die Entwicklungstheorien der Kunstpädagogik um die Jahrhundertwende, des Expressionismus, der Jugendkunstklassen von Franz Cizek bilden den wissenschaftlichen Rahmen für die Auseinandersetzung Johanna Pühringers mit dem bildnerischen Schaffen von Kindern. Sie vergleicht historische Kinderzeichnungen mit den Ergebnissen aus Stern’schen Malräumen. Dabei streift sie auch die enge Beziehung von Bild und Tanz als elementare menschliche Ausdruckspotentiale. Der enge Kontakt Cizeks mit der Elizabeth-Duncan-Schule wird dabei ebenfalls erhellt.
Die Schule Arno Sterns steht abseits jeder akademischen Disziplin und staatlich genehmigter Lehre und ist eine erfrischende Erscheinung innerhalb der pädagogischen Systeme. In diser Arbeit findet eine ausführliche Besprechung jener Merkmale statt, die Stern nicht nur in Bildern von Kindern, sondern auch in jenen von erwachsenen Malenden festgestellt hat.
Die subversive Sprengkraft von Sterns Theorien läßt so manchen Lehrer seine Methoden hinterfragen. Die reich bebilderte Arbeit ist eine Pflicht-Lektüre für alle Pädagogen und Eltern, für Klien-Fans und Duncan-Insider.