Die Linke unter Antisemitismusverdacht? Ausgehend von der oft polemisch vorgebrachten Frage, ob die unter dem Etikett des „Antizionismus“ vorgebrachte Kritik an Israel tatsächlich nichts anderes sei als ein mehr oder minder geschickt kaschierter Antisemitismus, ein „Antisemitismus im neuen Kleid“ (Jean Améry), untersucht Margit Reiter erstmals das Verhältnis der österreichischen Linken zu Israel von 1945 bis zur Gegenwart.
Anhand von einschneidenden Zäsuren werden die Haltungen der Linken – von der SPÖ und KPÖ, über Bruno Kreisky bis hin zu den diversen linken Gruppierungen seit den 70er Jahren – exemplarisch dargestellt und ihre Positionswechsel und jeweiligen Argumentationsmuster differenziert herausgearbeitet.
Dabei werden auch die linken Traditionen von Antisemitismus und Antizionismus beleuchtet und die aus der Shoah resultierenden Projektionen und Motivationen, von der Schuldentlastung bis hin zur „verspäteten Wiedergutmachung“, kritisch hinterfragt.
Das Verhältnis zu Israel erweist sich als ein Indikator für den Umgang der österreichischen Linken mit dem Nationalsozialismus, dem Antisemitismus und der Shoah und ist somit ein wichtiges Kapitel österreichischer Nachkriegsgeschichte, das Margit Reiter detailliert, kritisch und zugleich außerordentlich spannend aufgearbeitet hat.
Aus dem Inhalt:
Erinnerungspolitische Rahmenbedingungen
Die österreichische Linke und die Gründung des Staates Israel 1948
Linke „Israel-Freunde“
Die österreichische Linke und der Sechstagekrieg 1967
Palästinasolidarität und Antizionismus der (Neuen) Linken in den 70er Jahren
Bruno Kreisky und Israel – Ein schwieriges Verhältnis
Die österreichische Linke und die Libanen-Invasion 1982
Die österreichische Linke und die Intifada, der Golfkrieg und der Friedensprozeß
Antisemitismus in der Linken? Traditionen – Kontinuitäten – Ambivalenzen