In allen Autobiographien von jüdischen österreichischen Flüchtlingen vor, während und nach des Zweiten Weltkriegs spielt das Thema des Identitätsverlusts, der Heimat- und Rastlosigkeit und des inneren Wandels eine zentrale Rolle. Viele dieser AutobiographInnen verloren nicht nur Familienangehörige, sondern auch ihre österreichische Identität. Beispielsweise war ihre Muttersprache plötzlich auch die Sprache des Feindes. Einige exilierte Juden und Jüdinnen beschlossen daher, nicht mehr Deutsch zu sprechen. Andere waren gegenteiliger Ansicht und hingen an ihrer Muttersprache als oft letzten Besitz und letzten Teil ihrer österreichischen Identität. Ich gehe vorrangig der Frage nach, wie der/die jeweilige Autobiograph/in den Verlust seiner bzw. ihrer alten Identität und die Herausforderung der Identitätskonstruktion in Amerika literarisch verarbeitet. Welche narrativen Methoden kommen etwa zur Anwendung, welche Erlebnisse werden betont, welche Aspekte ausgespart? Als methodisches Grundgerüst für die Analyse der Fallbeispiele dient das theoretische Kapitel, welches die Termini „Identität“ und „Autobiographie“ definiert und abgrenzt. Zwei Autobiographien stehen im Zentrum meiner Analyse. Die erste ist „Runaway Waltz“ von Frederic Morton, einem österreichischen Juden welcher vor dem Ausbruch des Krieges flüchten konnte. Die zweite Autobiographie ist Ruth Klügers „weiter leben. Eine Jugend“, welche vom (Über-) Leben der Autorin in verschiedenen Konzentrationslagern und ihrer Auswanderung in die USA nach Kriegsende erzählt. In meiner Arbeit zeige ich nicht nur die Identitätskrisen und deren schriftliche Verarbeitung in diesen Autobiographien auf, ich untersuche die Texte auch hinsichtlich innovativer Strukturmerkmale wie z.B. Selbstbezugnahmen in der 3. Person, Kommunikation auf einer Metaebene, etwa über den komplexen Prozess des Niederschreibens von Erinnerungen, fiktive Konversationen mit der impliziten Leserschaft oder Zeitsprünge.