Literatur fokussiert und reflektiert Entwicklungen der Zeit, in der sie entsteht – die Darstellung von Tod und Trauer in literarischen Texten ermöglicht einen veränderten Blick auf die Gesellschaft.
An ausgewählten Beispielen zeigt Eva-Maria Schertler, welche Bewältigungsstrategien oder Fluchtmechanismen in Figurengestaltung und Handlung gewählt werden. Zentral ist dabei die Frage, wie Literatur der Gegenwart Tod und Trauer inszeniert. Behandelt werden Werke von Juli Zeh, Michael Köhlmeier, Urs Widmer, Markus Werner, Klaus Merz, Uwe Timm, Thomas Hürlimann, Angelika Overath und Alexa Hennig von Lange.
Die Erzählinstanzen stellen oft verjährte Trauerprozesse im Rückblick dar und suchen nach einer Aussöhnung mit dem Verstorbenen. Da in der Trauer die gesamte Beziehung zum Verstorbenen durchgearbeitet wird, werden die Tabubereiche hervorgehoben. Der Verlust des Anderen führt zur Auseinandersetzung mit den verdrängten Gefühlen über die eigene Sterblichkeit.
Die Familie erweist sich nicht als ‚heile‘ Restinstanz, die überholte Rituale der Gesellschaft positiv lebt und tradiert. Die Trauer wandelt sich tendenziell zu Melancholie und Depression – sie mündet in Selbstentfremdung und Einsamkeit.