Das ambivalente Verhältnis vieler Menschen zur Grammatik zieht sich quer durch alle Bevölkerungsschichten und macht auch vor Schule und Universität nicht Halt. Ein wesentlicher Grund dafür sind die unangenehmen Erinnerungen an den eigenen Grammatikunterricht in Verbindung mit starren, unumstößlichen Regeln, deren fehlerfreie Beherrschung zur Grundlage der Beurteilung jedweder sprachlichen Äußerung wird. Viele LehrerInnen versuchen dementsprechend diesen Bereich in ihrem Unterricht so schnell wie möglich „hinter sich zu bringen“.
Moderne Konzepte stellen seit längerem den Aufbau von Sprachbewusstsein an die Stelle der Vermittlung von Regeln. Daraus ergibt sich eine Reihe von zentralen didaktischen Forderungen, die nach und nach auch Eingang in die schulische Praxis finden:
• Den eigenen Sprachgebrauch in mündlichen und schriftlichen Äußerungen zu reflektieren, aber auch erhöhte Aufmerksamkeit für den allgemeinen im privaten und öffentlichen Bereich zu entwickeln.
• Grammatik als integrativen Bestandteil des Spracherwerbs zu sehen, sich strukturelle Besonderheiten bewusst zu machen, um so das eigene sprachliche Handeln flexibler und situationsadäquater gestalten zu können.
Diese Forderungen sind nicht nur für den Muttersprachen-Unterricht maßgeblich, sondern auch für den Fremd- und Zweitsprachenunterricht, von dessen Zugang zur Grammatik auch der Muttersprachen-Unterricht profitieren kann.
Die gesprochene und die geschriebene Sprache steht im Zentrum der Beiträge dieses Themenhefts, das Möglichkeiten der Textgestaltung aufzeigt, die ein reflektierter Umgang mit Grammatik eröffnet.
Aus dem Inhalt
Prolog
Markus Köhle: Grummel. Gram. Grammatik
Aufbau der Kompetenz. Der Weg zur Beherrschung grammatischer Strukturen
Arne Ziegler: Grammatik als Science-Fiction. Zu einer varietätenlinguistischen Fundamentierung des Grammatikunterrichts
Richard Schrodt: Basiswissen Grammatik. Von Nutzen und Notwendigkeit grammatischer Kenntnisse im Schulunterricht mit besonderer Berücksichtigung des Gegenteils
Thomas Lindauer, Afra Sturm: Erweiterter Grammatikunterricht
Weiterentwicklung und Vertiefung der Kompetenz. Textgrammatik und Stilistik
Corinna Peschel: Zur Nutzung textorganisierender Mittel in Schülertexten
Jürgen Struger: An den Rändern der Grammatik: Der Modus und sein Hinterland
Annemarie Niklas: Wenn die Sätze aus den Fugen quellen. Mit Schülern Thomas Bernhards Sprache untersuchen
Neue Grammatikkonzepte im Unterricht
Julienne Furger, Claudia Schmellentin: Erhebung von Grammatikkompetenzen. Konsequenzen für den Grammatikunterricht
Robert Saxer: Rodungen im Unterholz. Satzgrammatisch-propädeutische Reflexionen zur Textgrammatik aus der Sicht von Deutsch als Fremd- und Zweitsprache
Sara Hägi, Elvira Topalović: Klammerstrukturen im Deutschunterricht. Ansätze zu einer integrativen Grammatikdidaktik
Susanne Even: Dramapädagogischer Grammatikunterricht in der Fremdsprache. Denken und Handeln
Service
Martina Adlassnig, Ute Zippusch, Ursula Esterl: Grammatik, Sprachreflexion, Textgestaltung. Bibliographische Notizen für den Deutschunterricht
Weitere Informationen zur ide finden Sie unter: http://wwwg.uni-klu.ac.at/ide