Über Jahrhunderte wurde Wissen mündlich überliefert, von Erzählern an Zuhörer, die ihrerseits wieder zu Erzählern wurden. In unserer multimedialen Medienwelt ist die Fähigkeit zu konzentriertem Zuhören allmählich verloren gegangen. Lehrer und Lehrerinnen klagen immer häufiger darüber, dass ihre SchülerInnen nicht mehr zuhören können, dass es ihnen an Konzentration mangelt. Visuelle Reize liefern schnelle Informationen, das Auge wurde zum zentralen Sinnesorgan. Diese Ausgabe der ide versucht Wege aufzuzeigen, wie man nun in einer Welt der visuellen Reize, der optischen Effekte, in der akustische Impulse viel zu oft nur zur Beschallung, als nicht bewusst wahrgenommenes Hintergrundgeräusch eingesetzt werden,wieder leisere Töne anschlagen kann, wie man Schülern und Schülerinnen den sinnlichen Genuss eines Höreindrucks näher bringt und ihnen hilft, auch aus Gehörtem Informationen zu entnehmen und eben „ganz Ohr“ zu sein.
Das Heft versteht sich als Fortsetzung von ide 1/2006 („Kultur des Lesens“) und ide 1/2007 („Kultur des Schreibens“), denn Hören ist nicht nur eine automatisierte Fähigkeit, sondern gilt auch als eine Kompetenz, die gezielt und bewusst zu schulen ist, damit eine Kultur des Hörens möglich wird. Wir begeben uns auf die Suche nach der Bedeutung des Hörens und Zuhörens in Schule und Alltag, stellen verschiedene Funktionen des Hörens dar und thematisieren die besonderen Anforderungen der Entwicklung der Fertigkeit Hören für SchülerInnen mit deutscher Muttersprache, aber auch für DaZ-LernerInnen. Einige Unterrichtsprojekte zeigen Möglichkeiten der praktischen Umsetzung auf. Als besondere Unterstützung liegt eine CD mit vielen Hörbeispielen bei, die wichtige Impulse für den Unterricht geben sollen.
AUS DEM INHALT
Hörkultur in der heutigen Gesellschaft
Monika Leubolt: Hören – der vernachlässigte Sinn
Bernd Chibici: Wenn die Ohrläppchen blinken könnten …
Hören im pädagogischen Bereich
Mechthild Hagen: Förderung des Zuhörens in der Schule. Ansatz und Ergebnisse des Projekts „GanzOhrSein“
Katja Bergmann: Anleitungen zum Zuhören
Gilda Petzold: Abenteuer Vorlesen oder eine mutige Art des Lehrens und Lernens
Manuela Glaboniat: Wer nicht hören kann, muss üben … Zur Schulung der HV-Kompetenz aus der Sicht des Deutsch als Fremdsprache-Unterrichts
Camilla Badstübner-Kizik: Eigene und fremde Kultur(en) hören lernen? Zu einem vernachlässigten Aspekt der Ausbildung von DaF-/DaZ-Lehrenden
Hören und Medien
Doris Moser: Bonustrack, oder: Warum das Hörbuch kein Literaturkiller ist
Martin Sankofi: „Den Podcast ins Klassenzimmer tragen“. Eine Einführung und praktische Unterrichtsbeispiele
Redaktion: „Hörenswert“. Anregungen für einen hörbaren Unterricht
Hören im Unterricht
Monika Leubolt: Hörübungen im Deutschunterricht. Beispiele für die Unterrichtspraxis
Camilla Badstübner-Kizik: »Fremde und eigene Kultur(en) hören«. Methodische Anregungen für ein (inter)kulturelles Hörtraining im DaF-/DaZ- und DaM-Unterricht
Andreas Mudrak: Hören und Lesen im Vergleich. Ein Wahrnehmungsexperiment zur Erzählung Das Bettelweib von Locarno von Heinrich von Kleist
Gregor Chudoba: Akzeptierendes Hören. Erarbeitung eines Hörspiels im Deutschunterricht
Markus Köhle: Poetry Slam. Ein unsystematischer, dafür aber leidenschaftlicher Szeneeinblick von Markus Köhle, der schreibt, um gehört zu werden
Elisabeth Schabus-Kant: „We will rap you“. Bericht über ein literarisches Experiment
Service
Friedrich Janshoff: Hören und Zuhören – Hörbuch, Hörfunk und Hörspiel. Bibliographische Hinweise für den Deutschunterricht
Andrea Groß: Das Tomatis-Hörtraining
Weitere Informationen zur ide finden Sie unter: http://wwwg.uni-klu.ac.at/ide