Tote suchen – Leben finden

Exhumierungen in Guatemala - Historische Aufarbeitung und psychosoziale Arbeit

In Guatemala werden jährlich mehr als 100 Massengräber aus dem Bürgerkrieg der 80er Jahre exhumiert. Diese Ausgrabungen tragen zur Rekonstruktion der individuellen und kollektiven Geschichte, zur Aufklärung der Menschenrechtsverbrechen und zur Würdigung und traditionsgemäßen Bestattung der Opfer bei. Sie öffnen aber auch eine Möglichkeit zur Aufarbeitung der psychosozialen Folgen von Krieg und politischer Gewalt. Der Autor schildert anhand der psychosozialen Betreuung von Angehörigen den Weg, den diese gemeinsam mit den PsychologInnen beschritten haben, um über Erinnerungs- und Trauerarbeit ihre Zukunft wieder neu bestimmen zu können. Dabei wird deutlich, dass psychologische Interventionen, die nur auf die „Heilung“ des Individuums abzielen, besonders in Kulturen, die das Kollektiv vor die einzelne Person stellen, immer bruchstückhaft bleiben müssen. Aus sozialpsychologischer Sicht wird verdeutlicht, dass die Aufarbeitung der traumatischen Folgen nicht ausschließlich eine Aufgabe der direkt Betroffenen ist, sondern in hohem Maße die Beteiligung der sozialen Gemeinschaft erfordert.


Franc Kernjak, Mag., geb. 1968 in Celovec/Klagenfurt, Studium der Psychologie in Wien, mehrere Jahre in der Jugend- und Flüchtlingsbetreuung tätig; seit 1995 intensive Auseinandersetzung mit Lateinamerika. Im Rahmen der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit Berater der psychosozialen Betreuung bei Exhumierungen in Guatemala.

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