Poststrukturalismus, Kritische Theorie, Dekonstruktivismus, Diskursanalyse, écriture féminine, Systemtheorie, Radikaler Konstruktivismus … Was ist geblieben von diesen Theorien und ihrer Blüte der letzten 30 Jahre? Welche Rolle haben sie gespielt bzw. spielen sie noch immer in der Literaturwissenschaft? Wie wurden sie in der Komparatistik aufgenommen und verarbeitet? Sind die „waves of critical thought“ (Susan Bassnett) abgeebbt? Haben diese Wellen die Vergleichende Literaturwissenschaft jemals erreicht und – wenn ja – welche Spuren haben sie innerhalb des Faches hinterlassen?
Mit solchen – und weiteren vergleichbaren – Fragen setzen sich die einzelnen Beiträge des vorliegenden Bandes auseinander. Sie resümieren den aktuellen Stand literaturwissenschaftlicher Theoriebildung in der Komparatistik und verdeutlichen die Entwicklung des Faches von einer rein philologischen zu einer stark metatheoretisch ausgerichteten Disziplin, die jedoch nicht mehr bestimmte, klar voneinander abgrenzbare Theorien zur Anwendung bringt, sondern vielmehr – so paradox dies klingen mag – von einem Partikularismus des Konkreten geprägt ist, der zugesteht, dass Theoriebildung keine systematischen Entwürfe von langfristiger Geltung hervorbringen kann, sondern sich eher am Enzyklopädischen, Zufälligen, Regionalen, zeitlich Begrenzten oder gar Willkürlichen orientiert.